Auf unseren Friedhöfen in Nordfriesland findet sich ein besonderer Schatz: Pflanzenarten, die in der freien Landschaft selten geworden oder vom Aussterben bedroht sind, haben auf Friedhöfen einen Ort, an dem sie wachsen und gedeihen können. Haben Sie bei Ihrem letzten Friedhofsbesuch mal beobachtet, was auf den Gehwegen, in Mauern und Erdwällen oder auf den Rasenflächen wächst? Viele von uns meinen, das sei „Unkraut“ und der Friedhof nicht schier, wenn da was aus den Fugen wächst. Aber gerade in diesen Bereichen finden sich Rückzugsareale für selten gewordene einheimische Pflanzenarten, wie Ackerfrauenmantel, Vogelfuß und Acker-Gauchheil. Friedhöfe spielen somit in ihrer Gesamtheit eine bedeutende Rolle für den Erhalt gefährdeter Arten, aber auch als Eintrittspforte für ganz neue Arten sowie die Verwilderung und Einbürgerung von Zierpflanzen.
Der Geobotaniker Jürgen Hebbel aus Niebüll hat in einer großangelegten Studie die Friedhofsflora in Nordfriesland untersucht. Herr Hebbel ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Geobotanik, in der botanisch Interessierte die Flora bestimmter Areale bestimmen. Im Rahmen des Jahresthemas des Kirchenkreises Nordfriesland „Guten Morgen – aufgeweckt die Schöpfung gestalten“ konnten so die Schätze auf unseren Friedhöfen bestimmt und eingeordnet werden. Und immer wieder kam es für den begeisterten Botaniker zu Überraschungen.
Auf einer Exkursion zu ausgewählten Friedhöfen wurde nun dieser Schatz für Mitwirkende an dem Jahresthema, Vertreter des Friedhofswerks sowie einiger beteiligter Kirchengemeinden zugänglich gemacht. Hierbei wurde deutlich, dass es nicht darum geht, die biologische Vielfalt an einzelnen Arealen zu erhalten, sondern vielmehr Bedingungen für die Entwicklung von Artenvielfalt bereitzustellen. Unsere Friedhöfe haben hierfür ein besonderes Potential, gerade dann, wenn sie an einigen Stellen nicht so schier sind.
Karsten Wolff
Ökumenereferent im Kirchenkreis Nordfriesland